Myrrhe

Die Myrrhe – die Arzneipflanze 2021

Auch im Jahr 2021 gibt es wieder eine vom interdisziplinären Studienkreis „Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ herausgehobene und gekürte Arzneipflanze. Es handelt sich um den Myrrhenbaum Commiphora myrrha (Myrrhe) . Der Studienkreis hebt die „große Bedeutung des Baumes für die Kultur- und Medizingeschichte, die Forschung und seinen medizinischen Nutzen“ hervor und begründet damit seine Wahl für 2021.

Myrrhe

Myrrhe – die Arzneipflanze 2021

Der Myrrhenbaum gehört zur Familie der Balsamgewächse und ist ein sehr kleiner dorniger Baum. Man trifft ihn an in den Wüstengebieten Kenias, Äthiopiens, Somalias, des Oman und des Jemen, also rund um das Rote Meer. Die medizinisch genutzte Myrrhe wird auch „echte Myrrhe“ genannt und kommt hauptsächlich aus Äthiopien und Somalia.

Myrrhe ist den meisten Menschen aus der Bibel geläufig, denn es ist eines der kostbaren Geschenke, das die drei Weisen aus dem Morgenlande dem Jesuskind darbieten. Die Erwähnung in der Bibel zeigt sich auch an anderer Stelle, denn Myrrhe ist dort als wichtiger Bestandteil des heiligen Salböls benannt. Es war damit schon vor langer Zeit ein sehr begehrtes und kostbares Handelsgut.

Welche Bedeutung hat Commiphora myrrha?

Seine Bedeutung in der Heilkunde liegt aber noch weiter zurück, denn bereits im 5. Jahrhundert vor Christus erkannten die Griechen und Römer schon seine Wirksamkeit. Sie nutzten es zur Wundbehandlung und zur Stärkung bei Husten und gegen Asthma.

Wie der Studienkreis „Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ herausfand gab es in Persien auch Ärzte, die Myrrhe gegen Probleme im Verdauungstrakt einsetzten.

In den überlieferten Handschriften der Naturkunde Hildegards von Bingen finden sich gleich zwei Kapitel zur Myrrhe. Ausführlich beschreibt sie die Anwendung der Rinde bei Gelbsucht und Lähmungen, ferner die äußerliche Anwendung des Harzes bei Magenbeschwerden, sowie innerlich bei Fieber. In den frühen gedruckten Kräuterbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts liegt der Schwerpunkt der Anwendungen auf Beschwerden der Atemwege und des Verdauungstraktes.

Schließlich wird im 18. und 19. Jahrhundert die Myrrhe auch als allgemeines Stärkungsmittel für Magen, Herz und Nerven empfohlen. Auch in die Rezeptur des berühmten Schwedenbitter nach Maria Treben hat Myrrhe Eingang gefunden.

Heute kommt in Europa Myrrhe bei allen Entzündungen der Haut und der Schleimhäute im Mund-Rachenbereich zum Einsatz. Interessant ist auch die Einbeziehung in die Behandlung von Colitis ulcerosa, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, die wissenschaftlich belegt ist.

Gewinnung von Myrrhe

Für die Gewinnung von Myrrhe die arzneilich verwendet werden soll, wird die Rinde des Myrrhenbaumes angeritzt. Dabei quillt der Milchsaft heraus und trocknet an der Baumrinde fest. Die Tröpfchen kleben aneinander in kleinen Trauben und sehen ein wenig wie Bernstein aus. Die Farbe variiert zwischen gelb/braun und grau/braun.

Diese kleinen zum Teil glänzenden, rötlichbraunen Harztränen werden von Hand geerntet. Der Geruch hat ein starkes Aroma, der Geschmack ist eher bitter bis würzig und kratzt im Hals. Das Harz wird getrocknet zu Granulat verarbeitet. Das Myrrhe-Harz beinhaltet unglaublich viele Substanzen, wie es sich für eine echte Arzneipflanze gehört, die ihren Platz auch in der heutigen Medizin beansprucht.

Was steckt drin im Harz der Myrrhe?

Das Harz des Myrrhenbaumes wird schon lange auf seine Bestandteile und Wirkweisen untersucht. Dabei trat eine Fülle an pharmakologisch interessanten Substanzen zutage. Das damit verbundene medizinische Potential lässt sich noch gar nicht vollumfänglich absehen und einordnen. Umfangreiche, weltweite Forschungen beschäftigen sich zunehmend auch mit weiteren Bestandteilen des Baumes, die möglicherweise auch noch heilsames Potential aufweisen könnten.

Nicht umsonst konnte der Myrrhenbaum die Jury überzeugen ihn zur Arzneipflanze des Jahres 2021 zu wählen. Der interdisziplinäre Studienkreis „Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ kürt schon seit 1999 die Arzneipflanze des Jahres.

Die Myrrhe enthält ätherische Öle, Harze, Terpene, Bitter- und Gerbstoffe. Die terpenhaltigen Harzsäuren kommen im Baumharz vor. Ihre hohe Konzentration lässt sie zusammenkleben. Es sind sehr spezielle Substanzen wie beispielsweise Triterpene, Sesquiterpene und Terpenoide, denen man entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften zuschreibt.

Die Forschungen sollen zeigen, ob sie für bestimmte therapeutische Anwendungen eingesetzt werden können. Pflanzliche Inhaltsstoffe sind für die Medizin immer interessant, wenn es auch nicht einfach ist herauszufinden, wie genau die Wirkweise der einzelnen Stoffe ausfällt. Das ist generell bei pflanzlichen Mitteln so. Wirken nur einzelne Inhaltsstoffe? Wenn ja, wie genau und worauf, oder wirkt die ganze Pflanze im Verbund? Diesen Fragen muss immer nachgegangen werden.

Welche möglichen Anwendungen der Myrrhe sind bisher bekannt?

Ein wichtiges Einsatzgebiet der Myrrhe besteht in der Therapie von verschiedenen Darmerkrankungen. Dazu gehören Durchfallbeschwerden, ein gereizter Darm und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Die Myrrhe hat die Eigenschaft eine Entkrampfung herbeizuführen und gegen Entzündungen anzugehen.

Wie eine Forschergruppe aus Leipzig 2021 herausfand, lassen sich so Darmkrämpfe lindern. In einer Studie wurde ein Myrrhe-Extrakt eingesetzt, der Darmbewegungen verringern konnte. Man experimentierte auch mit einer Mischung aus Myrrhe, Kamille und Kaffeekohle, was zu einer Entspannung der Darmmuskulatur führte.

Die Mischung macht es, denn in der Kombination wurde auch die Stärkung von Immunzellen, die entzündungsfördernde Prozesse hemmen, beobachtet. Die Pflanzen verstärken sich gegenseitig in ihrer Wirkung. Diese Kombination wirkt auch bei Durchfall und verbessert bei Reizdarm-Patienten die unangenehmen Blähungen.

Sogar bei der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa konnte man mit der Wirkstoffkombination Erfolge erzielen. Zur Erhaltung der Beschwerdefreiheit während schubfreier Phasen konnte das Präparat genauso gut wirken wie ein chemisches Standardmedikament.

Eine erfreuliche Nachricht dazu ist: Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) empfehlen die Kombination aus Myrrhe, Kamillenblüten und Kaffeekohle zur komplementären Therapie bei Colitis ulcerosa.

Welche Eigenschaften hat die Myrrhe?

Weitere Eigenschaften der Myrrhe betreffen ihre Wirksamkeit gegen Bakterien und Pilze. So kann sie zur Wundbehandlung und Vorbeugung von Infektionen bedeutsam sein. Da sie die weißen Blutkörperchen in ihrer Funktion stärken und erhöhen kann, liegt der Einsatz für eine beschleunigte Wundheilung nah. Gleichzeitig unterstützt sie das Immunsystem. Für den Einsatz bei leichten Pilzerkrankungen wie Fußpilz kann Myrrhe ebenfalls helfen.

Was viele nicht wissen, ist die Wirkung von Myrrhe auf die Mundschleimhäute. Sie wirkt beruhigend und desinfizierend und geht gegen Viren vor, die Entzündungen verursachen. Ihre adstringierenden Eigenschaften verschließen Wunden von Zahnfleischentzündungen und helfen Blutungen zu stillen.

Myrrhe ist ein gutes Hausmittel, um Beschwerden im Mund-Rachenraum zu behandeln. Man kann mit Myrrhe-Produkten gurgeln um Entzündungen entgegenzuwirken. Die unverdünnte Myrrhe-Tinktur kann man auch auf Wattestäbchen aufbringen und damit entzündete Stellen betupfen. Mittlerweile gibt es einige Produkte die Myrrhe enthalten wie beispielsweise Mundspülungen, Zahncremes, Salben oder Zahntinkturen.

Für raue und rissige Haut gibt es auch Salben mit dem Inhaltsstoff Myrrhe. Wer empfindliche Haut hat, sollte sie erstmal nur kleinflächig ausprobieren. Schwangeren und Kleinkindern wird aufgrund mangelnder erforschter Wirkung von einer Verwendung vorsichtshalber abgeraten.

Quellen:

Zeitschrift Natur und Medizin, Carstens Stiftung, Kompass Komplementärmedizin, März 2021
Myrrhe, Kamille und Kaffeekohle in der Therapie von ¬Patienten mit Colitis ulcerosa
Eine retrospektive Kohortenstudie mit 5-Jahres-Follow-up, Jost Langhorst, Romy Lauche, Anna K. Koch
Literatur: Mayer, Johannes Gottfried: Myrrhe. Neue Beobachtungen zur Tradition eines wahrhaft biblischen Arzneimittels. In: ZPT – Zeitschrift für Phytotherapie 2015; 36: 103–105.

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